Zur Startseite

Kreisgruppe Wü

  • Home  › 
  • Themen  › 
  • Ausgewählte Stellungnahmen  › 
  • LSG "Täler der Tauber, Gollach, Steinach und umgebende Wälder" – Antrag auf Herausnahme von Flächen im Bereich Röttingen

Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Täler der Tauber, Gollach, Steinach und umgebende Wälder" – Antrag auf Herausnahme von Flächen im Bereich Röttingen

Landratsamt Würzburg

97067 Würzburg

 

28.02.2013

 

Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Täler der Tauber, Gollach, Steinach und umgebende Wälder" – Antrag auf Herausnahme von Flächen im Bereich Röttingen

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Naturschutz (BN) bedankt sich für die Beteiligung am oben genannten Verfahren und gibt im Namen des Landesverbandes folgende Stellungnahme ab:

Der BUND Naturschutz lehnt eine Herausnahme von Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet (LSG) „Täler der Tauber, Gollach, Steinach und umgebende Wälder“ ab.

Begründung:

Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes ist es unter anderem

·        die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu gewährleisten

·        Laubwaldgebiete in ihrer vielfältigen Ausprägung zu erhalten

·        die Schönheit, Vielfalt und Eigenart des Landschaftsbildes zu bewahren

·        das wegen seiner Naturausstattung für die Erholung besonders geeignete Gebiet zu schützen

Die vorgesehenen Planungen für die Errichtung von Windkraftanlagen im „Bürgerwald“ von Röttingen widerspricht der  Schutzgebietsverordnung, weshalb nun eine Herausnahme von Flächen geplant ist. Das Landschaftsschutzgebiet wurde durch Rechtsverordnung des Landkreises Würzburg vom 06.04.1990 unter Schutz gestellt. Schon mehrfach haben Änderungen der Schutzgebietsgrenzen aufgrund von Bauvorhaben stattgefunden. Unter anderem wurde für eine geplante Seniorenresidenz bei Tauberrettersheim eine Fläche aus dem Schutzgebiet herausgelöst. Die letzten Änderungen fanden mit Verordnung vom 28.09.2000 statt. Es kann jedoch nicht Sinn einer Schutzgebietsverordnung sein, bei Bedarf den Geltungsbereich so zu verändern, dass Bauvorhaben möglich werden. Dies unterläuft den Zweck eines Schutzgebietes.

Im vorliegenden Fall würde der Bau von Windkraftanlagen auf und leicht unter der Hangkante (in Richtung Taubertal) zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes führen. Diese würden sich auch in das verbleibende LSG hinein auswirken, weit über die zur Herausnahme beantragten Flächen hinaus. Auch die saP erwartet „landschaftsprägende und optisch weit sichtbare Veränderungen“ (Punkt 2.2). Die Sichtbarkeit müsste zur Reduktion des Vogelschlages mit roten Streifen an den Rotoren darüber hinaus sogar noch erhöht werden (saP 2.3). Zwar befinden sich auf Baden-Württembergischer Seite schon Windkraftanlagen (außerhalb des LSG), diese stehen jedoch deutlich hinter der Hangkante und sind vom Talraum aus kaum zu sehen. Die landschaftsoptische Beeinträchtigung des Taubertals ist daher durch diese Anlagen nur gering.  Der Anlagenbetreiber setzte hier auch einen Beschluss des Naturschutzbeirates um, die Anlagen entsprechend zu positionieren. Auf bayerischer Seite schützt das LSG das Landschaftsbild.

Aber nicht nur das Landschaftsbild würde beeinträchtigt werden. Auch der Naturhaushalt wäre betroffen. In der betroffenen Waldfläche brütet u. a. der Rotmilan. Zwei Horststandorte mit Bruterfolg sind hier zur Zeit bekannt. Der Rotmilan gilt als eines der häufigsten Schlagopfer durch Windenergieanlagen. Nachweislich nutzt er auch die Höhenbereiche über 150 m. Nicht ohne Grund hält daher die  Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten einen Mindestabstand von 1.000 m  zwischen angestammten Brutplatz und Windenergieanlagen für erforderlich. Überflüge des Waldes und eine damit signifikant erhöhte Gefährdung des Rotmilans konnten auch durch die vorliegende saP nicht ausgeschlossen werden, weshalb der BUND Naturschutz  die Voraussetzungen  einer  notwendigen  Ausnahme  von  den  Verboten  gemäß  §  45  Abs.  7 BNatSchG für nicht gegeben erachtet. 

Der BN befürchtet auch negative Auswirkungen auf die vorhandenen Fledermauspopulationen. Gerade die stark gefährdete Nymphenfledermaus (in Bayern sind neben dem Bürgerwald nur zwei weitere Standorte bekannt) könnte durch die vorgesehenen Maßnahmen ganz verschwinden. Über die Biologie dieser bedrohten Art ist nur wenig bekannt. Somit ist es auch nicht möglich, eine Gefährdung auszuschließen. Diese kann schon durch die geplanten Waldrodungen und der einhergehenden Veränderung des Waldklimas gegeben sein. Der BUND Naturschutz stellt weiterhin fest, dass keine Erfassung aller Höhlenbäume durchgeführt wurde. Diese wären aber als Vermeidungsmaßnahme bei Umsetzung der Planung zu erhalten. Dies erscheint dem BN jedoch bei einer geplanten Rodung von mindestens 30.000 qm als unrealistisch.

Der BUND Naturschutz weist auch auf einen Beschluss des Kreisausschusses vom 02.07.2012 hin. Dieser hat einstimmig beschlossen, dass bei der im Regionalplan vorgesehenen Konkretisierung raumordnerischer Ziele im Bereich „Energieversorgung“  u. a. folgende Ausschlusskriterien für Windkraftanlagen zu berücksichtigen sind:

  • Waldflächen  mit einem  Umfeld  von  mindestens  200  m (nachdem derartige Flächen besonderes Gewicht für den Naturhaushalt und den Artenschutz aufweisen und der Landkreis insgesamt als waldarm zu betrachten ist )
  • Rückzugsgebiete des Rotmilans (aufgrund des hohen Gefährdungspotenzials)
  • ein Bereich von 2 km rechts und links der Hauptachse des Taubertals (aus landschaftsoptischen Gründen).

Sollen diese Kriterien im LSG keine Anwendung finden? Unter touristischen Aspekten wurden auch Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windkraftnutzung bei „Erlach“ und „Westlich Klingen“ für äußerst bedenklich gehalten, da bei diesen Standorten der Blick auf die Weinberge erheblich beeinträchtigt und damit in die Kulturlandschaft der Weinberge eingegriffen wird. Dies stünde im Widerspruch zu den tourismuspolitischen Leitlinien der Bundesregierung, die besagen, dass „das Erleben von Natur und Landschaften zu den wichtigsten  Urlaubsmotiven  der  Menschen  gehört“.  Unterstützt  würde dies  noch  durch  die  Ergebnisse  der EMNID Studie „Franken“, die Natur erleben als eines der wichtigsten Reisemotive nennt. Diese Argumente sollten aus Sicht des BN auch im Taubertal Anwendung finden.

 

Abschließend macht der BN deutlich, dass er die Nutzung Erneuerbarer Energien prinzipiell unterstützt, ja sogar einfordert. Die Standorte für Windkraftanlagen  müssen  jedoch nach  den  Anforderungen  des  Natur-,  Umwelt-  und Landschaftsschutzes  ausgewählt  und  genehmigt  werden. An Windkraftanlagenstandorte in geschlossenen Waldgebieten sind besonders hohe Naturschutzanforderungen  zu  stellen,  so  dass  in  der  Regel  nur  naturferne Wirtschaftswälder  als  Standorte  geprüft werden sollten. Das Windpotenzial in Deutschland ist um ein Vielfaches größer als das in einer auf Stromeinsparung basierenden Energiestrategie nötige Ausbauziel. Dabei ist bei sachgerechter Planung ohne Probleme die Auswahl von Standorten möglich, die sowohl genügend Wind aufweisen, als auch Eingriffe in Natur und Landschaft minimieren. Zur Umsetzung der Energiewende ist daher ein derartig konfliktreicher Eingriff in den  „Bürgerwald Röttingen“ nicht nötig.

 

 Mit freundlichen Grüßen

 

 Dipl.-Biol. Steffen Jodl

   Geschäftsführer