Industriegebiet Am Kirschberg Gerbrunn
Gemeinde Gerbrunn – Bebauungsplan „Erweiterung IV Industriegebiet Am Kirschberg“ und 10. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde Gerbrunn (Lkr. Würzburg)
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Kreisgruppe Würzburg des BUND Naturschutz bedankt sich für die erneute Beteiligung am oben genannten Verfahren und gibt im Namen des Landesverbandes und in Absprache mit der Ortsgruppe Gerbrunn folgende Stellungnahme ab:
Der BUND Naturschutz lehnt die Planung aufgrund der erheblichen negativen und nicht ausgeglichenen Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt ab.
Der BUND Naturschutz sieht seine mit Datum vom 23.10.2019 vorgebrachten Einwände nicht ausreichend berücksichtigt.
So werden die Auswirkungen auf Klima und Landschaftsbild in der Abwägung (siehe Ihr Schreiben vom 26.06.2020) nicht ausreichend gewürdigt. Es heißt, dass „die von uns beschriebenen möglichen Auswirkungen auf Lokalklima und Landschaftsbild bekannt und dem Gemeinderat bewusst sind. Den Belangen, die für die Planung sprechen und im öffentlichen Interesse sind, jedoch mehr Gewicht beigemessen wird, als den Auswirkungen auf Klima und Landschaftsbild, die durch entsprechende Ausgleichsmaßnahmen hinreichend kompensiert werden“. Doch weder werden die Auswirkungen auf das Klima und das Landschaftsbild auch nur ansatzweise kompensiert, noch hat eine umfassende Abwägung stattgefunden. Der Schutz des lokalen Klimas und des Landschaftsbildes liegen sicher eher im öffentlichen Interesse, als das der Planung, die eher als Individualinteresse zu bezeichnen ist.
Der Umweltbericht bestätigt, dass dem Gebiet eine „klimatische Ausgleichsfunktion für die umliegenden Siedlungs- und Verkehrsflächen“ zukommt und der Kaltluftabfluss über die (noch!) offene Geländemulde und die Straßenflächen am Hangfuß erfolgt. Hinzu kommt, dass „mit Abschieben des Oberbodens und der Vegetationsschicht, Abgrabung von Gesteins- und Erdmaterialien sowie der anschließenden Bebauung der ebenen Flächen mit einer erhöhten Erwärmung bzw. Abstrahlungen/ Reflexionen im Plangebiet zu rechnen ist“.
Die Auswirkung auf das Landschaftsbild sind erheblich: „Die im GI vorgesehenen Abgrabungen führen zu einem beträchtlichen Geländeeinschnitt, der zusammen mit der geplanten Bebauung das gewohnte Landschaftsbild nachhaltig verändert. ... Auch mit umfassenden Gehölzpflanzungen und einer landschaftsangepassten Bauweise lassen sich der Geländeeinschnitt und der Blick auf die geplanten, großen Gebäude nicht gänzlich kaschieren. Das gewohnte Landschaftsbild wird nachhaltig verändert“.
Damit wird deutlich, dass eine Kompensation der Auswirkungen auf Klima und Landschaftsbild nicht möglich ist. Damit steht das dem BN mit Schreiben vom 26.06.2020 mitgeteilte Abwägungsergebnis mit dem Umweltbericht in Widerspruch.
Die Planung könnte sicher auch an einem anderen Standort in der Region, mit geringeren negativen Auswirkungen auf Natur, Lokalklima und Landschaftsbild, verwirklicht werden. Zumindest beinhalten die Planunterlagen keine ausreichende Alternativenprüfung. Diese wird in der Begründung zur 10. Änderung des Flächennutzungsplans in gerade einmal 10 Zeilen abgehandelt und belegt nicht, das Fehlen von Alternativen in der Region Würzburg. Damit darf schon deshalb auch keine Ausnahmegenehmigung (Zauneidechse, Schlingnatter) erteilt werden.
Der Ausgleich für den geplanten Eingriff ist weiterhin ungenügend. Unsere Stellungnahme vom 23.10.2019 ergänzen wir hiermit: Neben der in unserer Stellungnahme vom 23.10.2019 begründeten Ablehnung der Maßnahmen A1a und A3 (kartiertes Biotop!) weisen wir darauf hin, dass das Ziel einer Etablierung einer Magerwiese (Maßnahmen A2 und A4) durch eine Mahd oder gar Beweidung kaum erreichbar ist. Hier wäre eine Abschiebung des nährstoffreichen Oberbodens nötig. Die Fläche A2 ist zudem über weite Teile schmal zugeschnitten und grenzt auf der gesamten Länge an intensiv landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen. Daher werden Stoffeinträge (Dünger, Spritzmittel) die Ausgleichsfläche massiv beeinträchtigen und die gewünschte Entwicklung zusätzlich in Frage stellen. Die Privatfläche „Am Happach“ (A5) lehnt der BUND Naturschutz als Ausgleichsfläche ab, (siehe auch Stellungnahme vom 18.12.2018). Ausreichendes Potential für eine weitere Aufwertung dieser bereits ökologisch sehr hochwertigen Fläche (als Biotop kartiert!) ist nicht vorhanden. Dies gilt auch für die geplante Ausgleichsfläche A6 „Alandsgrund“. Es überrascht doch schon sehr, dass diese beiden Flächen nun erneut als Ausgleichsflächen fungieren sollen, nachdem sie zwischenzeitlich aus der Planung genommen wurden.
Der BUND Naturschutz hält auch die aktuell vorgesehenen Maßnahmen zum artenschutzrechtlichen Ausgleich für nicht ausreichend bzw. ungeeignet. Insbesondere die Maßnahmen für Zauneidechse und Schlingnatter reichen nicht aus. Die vorgesehenen CEF-Maßnahmen liegen weiterhin zum Teil deutlich über 50 m entfernt und damit weit außerhalb des „räumlichen Zusammenhangs“. Der BUND Naturschutz kritisiert auch, dass Zauneidechsen und Schlingnattern nach Entfernung der Gehölze im Winterhalbjahr – ohne Deckung! – einen Weg in angrenzende (und massiv beeinträchtigte Biotopflächen!) finden sollen. Es ist weiterhin nicht auszuschließen, dass die Tiere, die sich im Winterschlaf befinden, durch die Entbuschungsmaßnahmen zerdrückt oder verletzt werden. Zudem führt der Verlust des Lebensraumes und die erzwungene Abwanderung bzw. Umsiedlung zu einer erheblichen Störung der Population und sicher auch zu Verlusten von Individuen. Wir weisen erneut darauf hin, dass Umsiedlungen gerade bei Reptilien mit großen Risiken und Unsicherheiten behaftet sind. So ist z. B. nicht auszuschließen, dass auf der Zielfläche das Sozialgefüge schon vorhandener Populationen gestört wird und auch dadurch Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt werden.
Ein Ausgleich für den Verlust von Lebensraum für Heckenbrüter wird auch weiterhin nicht im räumlichen Zusammenhang erbracht, durch Entbuschungsmaßnahmen (Ausgleichmaßnahmen, z. B. A3) würden diese Lebensräume sogar noch reduziert werden.